Feuerwehrübung in leerstehendem Haus in Rudolphshan

RUDOLPHSHAN

Die zwei Feuerwehrmänner mit Atemschutzgerät sinken auf die Knie, bevor sie vorsichtig die Haustür öffnen. Stichflammen könnten hinausschießen, wenn sie jetzt Sauerstoff ins Haus lassen.
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Selbst in der abendlichen Dunkelheit sind graue Rauchschwaden hinter den Fenstern erkennbar. Sie dringen durch Ritzen und Spalten bis nach draußen. Das Haus in Rudolphshan ist völlig verqualmt. Was so realitätsnah aussieht, ist glücklicherweise bloß eine Atemschutzübung der Feuerwehren Rudolphshan, Oberfeld und Oberrombach sowie Michelsrombach. Stadtbrandinspektor Helmut Kremer hat zuvor mit einem Raucherzeuger die so bedrohlich erscheinende Situation geschaffen. Der Rauch sieht aus wie Disconebel, doch anders als dieser ist er oben unter der Decke am dichtesten und sinkt stetig hinab.
Tische, Stühle, ein mögliches Loch im Boden – kaum mehr etwas ist zu sehen. Da nützt auch eine Taschenlampe nichts mehr. „Die Atemschutzgeräteträger müssen sich an den Wänden entlang tasten und sich auf Händen und Knien vorwärts bewegen“, erklärt Kremer. Insgesamt 16 Leute werden an diesem Abend die Übung absolvieren, die für Atemschutzgeräteträger einmal im Jahr vorgesehen ist. Dabei kommt ihnen ein Glücksfall zu Hilfe: Die Übung findet in einem leer stehenden Haus in Rudolphshan statt, das bald abgerissen wird. Deshalb müssen die Feuerwehrleute nicht penibel darauf achten, nichts zu beschädigen.
„Die Kommunikation ist das A und O“
Die Aufgabe der Atemschutzgeräteträger ist eine der gefährlichsten und schwierigsten bei der Feuerwehr. „Die Belastung ist sehr groß. Es ist schon eine Herausforderung, die Treppen hoch und runter zu laufen“, sagen Matthias Vogt und Steffen Perplies. Immerhin muss ein gewaltiges Gewicht mitgeschleppt werden: Die Ausrüstung mitsamt Druckluftflasche wiegt 20 bis 25 Kilo, dazu müssen Schläuche getragen, vielleicht eine verletzte Person geborgen werden.
Auch die Einsatzkräfte erhalten zu Beginn die Information, dass eine Person vermisst wird. Der erste Trupp findet das ausgestopfte Püppchen nach zwölf Minuten, da ist schon die Hälfte der Atemluft verbraucht. Für 1800 Liter Atemluft reichen die Flaschen – „zwischen 50 und 80 Liter benötigt der Mensch pro Minute“, erklärt Karl Fey, ehemaliger Stadtbrandinspektor und heute Beobachter. Bei hoher körperlicher Belastung könnten es auch viel mehr sein. Die verbleibende Luft in den Flaschen wird anhand eines Manometers stets beobachtet. Per Funk geben die Atemschutzgeräteträger die Zahlen weiter, der stellvertretende Rudolphshaner Wehrführer Matthias Schmitt notiert draußen Zeit und Druck auf seinem Kontrollblock.
Weil der Zwei-Mann-Trupp in jedem Fall zusammenbleiben muss, zählt das schwächste Glied, betont Fey. Gehe einem die Luft aus, müssten beide aus dem Haus. „Deshalb sollte die Arbeit gut verteilt werden.“ Die kritische Grenze wird erreicht, wenn der Druck auf 50 bar fällt, ein schriller Heulton am Gerät erinnert daran, den Rückzug anzutreten. „Die Kommunikation ist das A und O“, weiß Matthias Vogt. Es sei außerdem wichtig, dass draußen jemand steht, der den Überblick hat, erklärt Fey. Wer sich im Haus auf seine Arbeit konzentriert, dem gehe mitunter das Zeitgefühl verloren.
„Am Tag X müssen sie’s beherrschen“
Die 24-jährige Nadine Jahn ist die einzige weibliche Atemschutzgeräteträgerin bei den zwei Wehren des Buchfinkenlandes. Sie sei in diese Aufgabe irgendwie reingerutscht, sagt sie. „Und ich wollte mit den Männern mithalten.“ Das klappt ziemlich gut – trotz des großen Gewichtes der Ausrüstung. „Es ist nicht so, dass Mädchen diese Ausbildung nicht schaffen“, bestätigt auch Karl Fey.
Überhaupt haben alle Trupps die Übung hervorragend absolviert, auch wenn die Schläuche sich ab und zu verhedderten oder manch einer die Treppe ins Erdgeschoss nicht sofort wiedergefunden hat. Helmut Kremer und Karl Fey sind sehr zufrieden: „Alles hat geklappt.“ Auch Teilnehmer Steffen Perplies bestätigt: „Es war schön, mal wieder eine Möglichkeit zum Üben zu haben. Das war ein guter Lernerfolg.“ Den Schwerpunkt des Körpers möglichst nach hinten verlagern, um nicht Treppen oder Löcher hinunterzufallen; auf ein Flash-over vorbereitet sein; den Rückweg in völliger Dunkelheit anhand des Schlauches oder einer mitgenommenen Leine wiederfinden – all dies wurde verinnerlicht. „Am Tag X müssen sie’s beherrschen“, sagt Kremer.

(Text: Hünfelder Zeitung, Autorin Sabrina Mehler)

 

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Atemschutzübung in Rudolphshan

Foto: Hünfelder Zeitung

 

Atemschutzübung in Rudolphshan 18.10.2010

 

Atemschutzübung in Rudolphshan  18.10.2010

 

Atemschutzübung in Rudolphshan  18.10.2010

 

Atemschutzübung in Rudolphshan  18.10.2010